28. Februar 2016

Blüht es heuer wirklich ganz besonders früh?

Der heurige Frühling ist früh eingetreten, das stimmt. Ein Vergleich mit den Gartenbildern aus den letzten 14 Jahren Frühling zeigt aber, dass wir im oberösterreichischem Alpenvorland nicht so arg weit entfernt vom Durchschnitt der vergangenen Jahre liegen. Tatsächlich sind die Anfänge und die Ausklänge des Vegetationszeitraums jährlich sehr unterschiedlich; das heißt, die jährlichen Schwankungen sind am Beginn der Vegetationszeit am stärksten, denn die Frühblüher können in einem Zeitfenster von Mitte Februar bis Ende März in Blüte gehen, je nachdem, wie sich die Witterung gestaltet. Später im Jahr gleichen sich die Vorsprünge oder Verspätungen der Vegetation wieder aus, sodass Iris, Astern, Phlox und auch die Kugellauche fast jedes Jahr um die gleiche Zeit blühen, unbeachtet des Zeitpunkts, an dem die Schneeglöckchen gestartet haben.

Dieses Jahr kam es öfters noch zu Morgenfrost, obwohl schon alles blühte. Den Cyclamen tut das nichts, sie rollen nur etwas die Blätter ein und sehen, kaum taut der Reif ab, genauso aus wie vorher.

Da im Frühling die Vorfreunde noch groß ist, habe ich diesen Zeitraum im Jahr verhältnismäßig gewissenhaft dokumentiert. Für einen Tag voller Blüten braucht es nämlich Temperaturen um oder über +10°C und ungetrübten Sonnenschein - und sobald dieser eintritt, bin ich im Garten. Ich habe daher die Bilderserien seit 2003 verglichen und folgende Beobachtungen festgestellt (entscheidend waren für mich Bilder von offenen Schneeglöckchen, Leberblümchen und Krokus):

2003: Krokusblüte Mitte März
2004: Fotos von Galanthus, Eranthis und Krokus am 22. Februar
2005: es lang lange Schnee, erste in der letzten Märzwoche gab es Frühlingsblüher zu sehen
2006: Jahr der Schneerekorde, damals gab es am 27.März erst Schneeglöckchen!
2007: Vollblüte der Frühlingsblüher am 9. Februar (soviel zum Thema: heuer ist alles so früh wie noch nie...)
2008: besagte Pflanzen standen am 22. Februar in voller Blüte
2009: Hepatica, Galanthus und Co blühten am 22.März
2010: Frühblüher starteten Mitte März
2011: Vollblüte der genannten Pflanzen am 9.März
2012: Trotz des starken Frostes im Februar blühte alles am 3.März
2013: erst am 20.März blühte es voll
2014: schon am 21. Februar stand alles in Vollblüte
2015: Galanthus, Eranthis und andere erblühten am 7.März
2016: heuer würde ich den 20.Februar als entscheidenden Tag notieren


Helleborus sinken mit ihren Blüten häufig bis zum Boden, was zugegebenermaßen wirklich ziemlich nach Totalschaden aussieht. Aber auch sie stehen wieder auf. Probleme machen nur tiefe Temperaturen früh im Jahr beim Austrieb, wenn die Blüten und Triebe noch zart sind: Dann kann es zu Totalausfällen kommen.

Für vernünftigte Aussagen taugt so eine Statistik natürlich nicht. So lässt sich an der tatsächlichen Blütezeit nicht ablesen, wie warm oder kalt es vorher (oder auch danach) war, da +5°C zu keiner Blüte führen, als dauerhafte Temperatur beispielsweise im Jänner aber keineswegs normal sind. Genauso wie das Jahr 2012 trotz seinem bitterkalten Februar für eine vergleichsweise frühe Blüte gesorgt hat - einfach, weil es danach rasch warm geworden ist. Diese Aufstellung ist also nur eine kleine Spielerei, die sich mit einer Sammlung aus Fotos bestimmt für verschiedene Regionen erstellen lässt!

Auch Crocus tommasinianus stecken Kälte locker weg.
Bei uns kommt zusätzlich der Effekt des Föhn dazu, eines warmen Fallwinds, der auch mitten im Winter für plötzliche Höchsttemperaturen von bis zu+ 20°C führen kann - gerne zu Weihnachten, aber auch schon mal mitten im Jänner oder eben zu einer Zeit, wo die Frühlingsblüher gerade darauf warten, dass es warm wird und die Bienen fliegen. Genau das ist nämlich eins der entscheidenden Kriterien für die Vollblüte: Die Anwesenheit von Bestäubern - ohne ihnen wäre nämlich all die bunte Mühe ganz umsonst. Bienen starten dabei ab +8°C, wenn ihre Beuten sonnig stehen, auch schon etwas früher.

Winterlinge machen ihrem Namen alle Ehre und sich nichts aus Frost - sie warten einfach ab, bis die Sonne wider scheint.

Ein weiterer Grund für die frühe Blüte ist die Helligkeit so früh im Jahr. Viele Frühjahrsblüher sind nämlich Bewohner des Waldes oder seiner Ränder und nutzen mit ihrer so frühen Blüte die knappe Zeit im Jahr, wo ihnen maximales Licht zur Verfügung steht. Treiben später die Blätter der Bäume, dann ist ihre Vegetationszeit schon längst beendet und sie haben ihr Laub bereits wieder eingezogen.

Schneeglöckchen nach einer frostigen Nacht. Wers nicht besser weiß, könnte erschrecken.

Pflanzen, die diesen Spagat zwischen Winter, Helligkeit und Wärme perfekt beherrschen, müssen daher auch mit Frost klarkommen. Und so wundert es eigentlich nicht, dass Schneeglöckchen innerhalb einer Stunde von Wie-Spinat-am-Boden-Liegen zu Blühen-als-wär-nix-gewesen wechseln können -aber auch Crocus, besonders aber Helleborus können Kälte locker wegstecken, ebenso Narzissen: Wer schon einmal gefrostete Narzissen gesehen hat, hätte wohl geschworen, das wärs mit ihnen gewesen. Aber kaum scheint die Sonne, erheben sich die Pflanzen und stehen wieder straff und strahlend wie gewohnt.

Die heimische Schlüsseblume ist völlig unberührt von Frost. Sie blüht auch oft rund um Weihnachten und damit das ganze Jahr über, ähnlich wie Gänseblümchen.

Andere, wie Primeln, Leberblümchen, Lungenkraut oder Winterlinge schließen einfach ihre Blüten, lassen sie hängen und können so selbst mehrtägigen, in Extremfällen sogar wochenlangen Schneeauflagen trotzen und bei Tauwetter weiterblühen, als wäre nichts gewesen. Dieser Vorteil hat ihnen viele tausend Jahre und vor allem in raueren Klimazeiten ganz offensichtlich geholfen, in unserer wechselhaften Jahreszeitenabfolge zu überleben.

Und kaum hatte die Sonne den Boden erwärmt, stehen alle wieder auf!

Stauden aus anderen Erdteilen, die an Temperaturschwankungen im Jahreslauf weniger gewöhnt sind, erfrieren dagegen regelmäßig. Ich habe davon schon einmal geschrieben (Achtung, Nachtfrostgefahr!), besonders gefährdet sind bei mir asiatische Elfenblumen, die Maiäpfel (Podophyllum) und großblättrige Stauden wie Rodgersien oder Astilboides tabularis, das Tafelblatt.

Nachdem die Beete heuer schon länger abgeräumt sind, konnte ich in Ruhe jäten und Lauberde ausbringen. Das Häckselgut vom Heckenschnitt habe ich daher heute gleich in die Beete streuen können.

Ich freue mich jedenfalls über den frühen Frühling und die vielen Möglichkeiten, die sich heuer für Gartenarbeiten schon geboten haben. Der untere Gartenbereich wirkt schon dicht bewachsen und kaum mehr winterlich - und auch die anderen Beete werden bald nachziehen. Da macht es nicht viel, wenn es die kommende Woche kühl sein wird... und Regen ist im Frühling eine erfreuliche Wetterlage.

3 Kommentare:

  1. ... ich hatte auch den Eindruck, dieses Jahr sei alles besonders früh - aber völlig unwissenschaftlich. Interessant, Dein Vergleich!
    Nach einer frostigen Nacht kann der Garten wirklich so schön aussehen! Tolle Bilder!
    Viele Grüße von Renate

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  2. Wirklich interessante Beobachtung. Hatte bisher auch den Eindruck, dass wir heuer besonders früh dran sind. Ich hab jetzt auch damit begonnen mir Aufzeichnungen über den Blühbeginn der verschiedenen Pflanzen zu machen.
    Liebe Grüße, Florian

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  3. Ich finde es am schönsten, wenn der Frühling sich lange hinzieht und das gelingt naturgemäß wenn er früh beginnt am besten. Wenn dann Pausen durch Kälte entstehen, umso besser, da hat man länger etwas von den verschiedenen Frühlingsblühern. Jahre, in denen der Frühling spät beginnt und schnell in den Frühsommer übergeht überfordern mich, es geht zu schnell, alles explodiert, blüht auf, verblüht in WIndeseile, wie in einem Traum und schon ist alles vorbei und die Rosen blühen. Die freude über das erste leben in der Natur ist jedes Jahr am größten, wahrscheinlich weil man ausgehungert ist :-)

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