Mit etwas Verspätung - Nachtzugfahren und nach Ankunft noch einen Tag normal arbeiten sind eine Spur anstrengender als gedacht - meine Eindrücke vom diesjährigen Staudenmarkt in Berlin. Das bunte und vielfältige Angebot überraschte mich, denn ich hätte eigentlich viele leere Töpfe und Stände ohne Austriebe erwartet, aber es war fast das Gegenteil der Fall: Es schien, als wären etliche Stände noch bunter gewesen als sonst, auch wenn die Auswahl natürlich heuer etwas begrenzt ausfallen musste. Vielleicht war es aber auch nur mein blütenhungriges und daher subjektives Empfinden - jedenfalls war es wie immer ein Erlebnis, durch die endlosen Standreihen zu schlendern.
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Stand von Lohhof Stauden / Stand von Stauden Gaissmayer |
Was auffiel, waren einmal mehr kunstvolle Arrangements und farblich durchdachte Standpräsentationen, die richtig Lust machten, mehr zu kaufen als bloß eine einzelne Pflanze. Es war interessant zu beobachten, dass immer mehr Gärtnerinnen und Gärtner auch Austriebe, Laub und Struktur einer Pflanze als wichtig betrachten; diese Tendenz, die einem natürlichen, ganzjährigem Gärtnern entgegenkommt und auch oder gerade in einem Frühjahr wie diesem propagiert werden sollte, war an etlichen Ständen zu erkennen.
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Stand von Stauden Stolz / Stand von Andreas Händel |
Hier wurde der Austrieb von Jeffersonia dubia in Szene gesetzt und zusammen mit Anemone ranuncoloides und Corydalis solida eine so spannende Stimmung geschaffen, dass ich ernsthaft über die Vergesellschaftung dieser Pflanzen nachdenke. Es wäre zwar eine nur sehr kurz bestehende Kombination, aber zweifellos sehr reizvoll - alleine wegen der Spannung, ob sich die rosa Blüten der Jeffersonia mit den Anemonen beißen werden oder sie sich knapp - *durchschnauf* - verpassen.
Meine wertvollste Neuerwerbung ist lustigerweise ein Hepatica und zwar H. transsilvanica 'Blumenstadt Erfurt'. Hinter diesem, nunja, Andras Händel möge mir verzeihen, sperrigem Namen verbirgt sich eine großartige Geschichte, die vergangenen Frühling in der Gartenpraxis veröffentlicht wurde. Diese Sorte, deren Eigenheit es ist, sehr früh im Jahr, oft schon zu Weihnachten, zu blühen, wurde von Andreas Händel in einem Vorgarten in Erfurt entdeckt. Der vorerst mürrischen Besitzerin konnte er schließlich entlocken, dass diese Pflanze von ihrer Urgroßmutter an Neujahr in einem Wald nahe Sibiu gefunden, mitgenommen und gepflanzt wurde. Als ihre Familie aus Siebenbürger vertrieben wurde, konnte die damals 10-jährige Frau aus Erfurt ein kleines Stück dieser Pflanze retten und über viele Jahre und mehrere Umzüge hinweg erhalten. Die Frau und ihr Vorgarten sind mittlerweile verschwunden, aber Andreas Händel bekam ein kleines Stück dieser Pflanze und alleine aufgrund der Geschichte habe ich jetzt auch eine :-).
Es wird nicht sehr oft vorkommen, dass an einem Berliner Staudenmarkt, sowohl Hamamelis blühen, als auch Chilis angeboten werden, die Bottiche der Wasserpflanzenanbieter am Morgen gefroren sind und dann auch noch strahlender Sonnenschein herrscht. Im Park und in den Außenanlagen des BoGas war jedenfalls noch nichts zu sehen, nur ein paar erste Krokusse trauten sich ans Licht.
Zum Wetter sei nur soviel gesagt: Ich habe es endlich in die (warmen :-)) Gewächshäuser geschafft und ich bin froh, endlich dortgewesen zu sein, denn sie sind wundervoll! Ich habe noch keinen so stimmungsvollen Botanischen Garten gesehen, in dem man zwischen den Pflanzen hindurchgehen kann und manchmal völlig von ihnen eingeschlossen wird.
Ich habe nur wenige Pflanzen erkannt, aber alle bestaunt. Besonders beeindruckt hat mich ein Glashaus, in dem fast ausschließlich Farne zu sehen waren, die in allen Größen und Formen über und unter und neben einem wuchsen und so glücklich und vital wirkten wie man sich den Dschungel vorstellt.
Mein Abenteuer Bahnreise klappt reibungslos. Ich kam sowohl gut nach Berlin, als auch wieder nachhause und konnte sogar noch den Berliner Hauptbahnhof eingehender erkunden. Passende Adjektive habe ich nun schon beim BoGa verbraten, deshalb nur so viel: Er hat mir ebenfalls gefallen. Nach 10 Stunden Zugfahrt begrüßte mich dann auch in Österreich der Frühling und es scheint, als wäre der Winter erstmal vorbei. Was will man also mehr von einem Wochenende?
Ich kann mich übrigens an nur ganz wenige Blogleserinnen und -leser erinnern... hat euch alle das Wetter abgeschreckt oder bin ich zuviel unterwegs gewesen?