12. November 2017

Winterfest? Dazu brauchen uns die Pflanzen nicht!

Es scheint zum Schicksal eines Gartens zu gehören, im Herbst winterfest gemacht zu werden. Was darunter genau zu verstehen ist, ergoogelt man sich am besten, denn so findet man etliche Checklisten (diese, auch hier) die gleich das erste Missverständnis aufdecken: Wer Gärten als erweiterten Wohnraum benutzt, wird definitiv Schutzmaßnahmen ergreifen müssen, sehr schön illustriert das diese 10-Punkte-Liste, die erst auf Platz 7 und 8 Pflanzen erwähnt. Hat man allerdings vorwiegend robuste Stauden im Garten, so sieht das schon ganz anders aus. Klar, nicht Winterhartes muss vor dem ersten Frost rein, einige Arbeiten bieten sich jetzt an, manche können sogar nur vor dem Winter erledigt werden. Aber alles kein Grund, um jetzt gestresst zu sein. Die Pflanzen jedenfalls sind alle schon fit für den Winter, wenn jemand nicht fertig geworden ist, dann wir.

Das schon bekannte Motiv im Schattenpflanzengarten Ende Oktober, bevor es die ersten kühlen Nächte gab. Und auch, bevor der Sturm das Insektenhaus umgeweht hat... ich hab also schon ein erstes Winterprojekt gewonnen.

Trotzdem ist der Herbst kein Grund, unzufrieden zu sein. Und weil Checklisten ja so modern sind, bleibt sie auch hier nicht aus. Sie steht aber unter anderen Vorzeichen: Hier also die  

Checkliste, was wir im Garten im Herbst nicht tun müssen.

  • Stauden zurückschneiden
    • Nur die, die wirklich hässlich aussehen, umfallen oder herumliegen. Alles andere darf, muss aber keineswegs geschnitten werden. Auch warme Wintertage eignen sich oder eben der Spätwinter oder Vorfrühling. 
  • Laub aus den Beeten entfernen und entsorgen
    • Abgesehen davon, dass Laub ein wertvoller Rohstoff ist und am besten irgendwo auf einem Haufen kompostiert wird: Staudenbeete kommen super mit Laubauflagen klar. Eingegriffen muss nur werden, wo Unmengen an Laub sehr dicht liegen (mehr als 10cm und dick verklebt) und am Rasen. Ansonsten dürfen die Regenwürmer ran.
  • Kompost umsetzen
    • Besser nicht jetzt, sondern im Frühling. Alle kleinen Tierchen und Mikroorganismen sitzen jetzt genau dort, wo sie für den Winter sein wollen. Wer also noch Kompost oder Erde verteilen möchte, sollte das deutlich vor dem ersten Frost tun (im Oktober ist es also noch gut möglich oder eben je nach Wetterlage)
  • Gräser zusammenbinden
    • Außer eventuell beim Pampasgras, aber das kann so auch erfrieren - besser nicht tun. Es sieht hässlich aus und ist unnötig, weil ungeschnittene Halme ohnehin Luft einschließen und sich selbst damit der beste Winterschutz sind.
  • Harken und Umgraben
    • Nur bei Neuanlagen sinnvoll, ansonsten ist das immer unnötig - und ganz besonders jetzt (die Mikroorganismen sitzen ja nicht nur im Kompost, sondern auch in jedem Brösel Erde) 
  • Hecken schneiden 
    • Wer jetzt Hecken schneidet, bringt sich um die Blüten für kommendes Jahr, weil die jetzt schon fertig in den Knospen auf ihren Einsatz warten. Wer trotzdem irgendetwas sägen möchte, sollte das bei sehr dichten Hecken tun und sie auslichten oder sich an Stellen austoben, wo man im Sommer (wo man das normalerweise tun sollte) nicht hinkommt, weil sonst zuviel kaputtgeht (bei mir die Hecke bei den Schattenstauden). 

Ich habe einen kleinen Beetbereich gegenüber vom Haus neu gestaltet. Hier sollen im Frühling, also eigentlich in weniger als vier Monaten, Schneeglöckchen durchsprießen. Mal schauen!

Wichtig ist auch, Ruhe zu bewahren. Andere Jahreszeiten versetzen die Gesellschaft nicht derart in Aufruhr. Spricht jemand von sommerfest machen, wenn es darum geht, Tomaten und Zucchinis zu setzen? Natürlich nicht - auch wenn das Zeitfenster dafür kurz ist - aber der Sommer bietet viele Möglichkeiten, während der Winter im Garten nur mit Zwängen aufzuwarten scheint. Das Laub, ich habe es hier schon oft erwähnt, ist eine dieser Geißeln; erst leuchtet es indian-summer-like, dann liegt es schon heimtückisch-zerstörend überall im Weg herum, erstickt Rasen, verunschönt adrette Kiesvorgärten... Einiges Pflanzliche kann nun geschnitten werden und wer Blumenzwiebel mag, muss jetzt in die Beete. Und Ende Oktober kommt dann auch noch die fiese Zeitumstellung und schon kommt man nur mehr an freien Tagen in den Garten oder nachts mit Stirnlampe.


Ein Star von Frühling bis man es abschneidet: Pennisetum orientale 'Karley Rose', ein Gras für sonnige und trockene Standorte.

Diese Finsternis vor allem ist es, die vielen Sorgen bereitet und tatsächlich verringert sich die draußen nutzbare Zeitspanne eines durchschnittlichen Gartentages ganz beträchtlich, und das geht noch weiter, denn es wird sogar noch fast sechs Wochen lang dunkler als jetzt und damit erst in drei Monaten früher hell als heute. Damit will geplant werden und das ist tatsächlich eine Herausforderung. Aber mal ehrlich: Wer nicht gerade in einem alpinen Tal lebt oder einem sonstigen Schneeloch, wird vermutlich bis Weihnachten noch Zeit haben, Liegengelassenes zu erledigen. Ich habe zum Beispiel immer noch zahlreiche Blumenzwiebeln nicht versenkt. Wenn diese aber luftig und kühl gelagert werden, kann man bis weit in den Dezember hinein pflanzen. Besonders Tulpen sind hier unempfindlich, alle anderen freuen sich dagegen wirklich, möglichst früh in die Erde zu kommen.


Hier das gleiche Gras zwei Wochen früher, bevor es kalt wurde (die Bürsten sind den ganzen Sommer über rosa).

Dann wäre da noch das Laub... wer es gemütlich mag und dem Zwang gesellschaftlichen Konventionen widerstehen kann, wartet den aktuellen Kaltlufteinbruch ab und fährt dann am ersten halbwegs trockenen Tag mit dem Rasenmäher durch den Garten. Das dann auch gleich gehäckselte Laub kommt auf die Beete oder den Laubkompost (ja, aus jedem Laub, aus jedem (auch Walnuss!) wird schöne schwarze Erde, einfach so, nur durch Liegenlassen) und auch der Rasen schafft den Winter. Mit vielen, vielen Bäumen kann das mehr Arbeit bedeuten, ja. Aber auch hier lohnt es sich, Laub zusammenkommen zu lassen, und nicht täglich zu rechen (oder gar laubzusaugen oder -pusten).

Lampenputzergras (Pennisetum alopecuroides var. viridescens) mit Astern, Molinia und den verblühten Resten von Kalimeris, der Sommeraster.

Auf jeden Fall sollte man den Herbst auch nützen, um den Garten zu genießen. Nie sonst ist das Licht so schön und geeignet für Fotos und sind die Räumlichkeiten so deutlich fühlbar. Außerdem kann man jetzt noch prima umpflanzen und umgestalten, was leider häufig untergeht. Denn der Boden ist, auch wenn wir schon leicht kalte Finger kriegen, für Pflanzen noch kuschlig warm und animiert zur Wurzelbildung, was im Frühling länger dauern kann. Falls also eine Umpflanzaktion ansteht: Nur zu. Solange es nicht friert, ist das alles kein Problem.


Das Bienen-Stauden-Beet vom Frühling 2016 hat sich toll entwickelt und bietet von ganz früh im Jahr bis jetzt immer wieder schöne Motive.

Und ganz zuletzt gibt es noch eine gute Nachricht in eigener Sache: Wer das neue Dezember-Heft von "Mein schöner Garten" aufschlägt, kann auf vier Seiten unseren winterlichen Staudengarten anschauen. Ich hab mich sehr gefreut, dass ich wegen diesem Artikel kontaktiert wurde und das Layout und auch der Text so stimmig und gelungen sind.

Ich wünsche euch einen entspannten Gartenherbst und nach dem aktuellen Regenwetter noch ein paar sonnige Tage, damit alle alles erledigen können, was noch geplant war!

Eine Sammlung der zuletzt noch blühenden Chrysanthemen. Ich mochte sie nie, aber die ungefüllten haben mich überzeugt - und es gibt so viele schöne Sorten!